11 ZeIt SchenKen rend ist, konnte ich mich gut ein- lassen. ich empfand die digitale Darstellungsform nicht als hemm- schwelle dafür, mich emotional aufs thema einzulassen. Was mich eher abgelenkt hatte, war das Wissen, dass meine tochter im nebenzim- mer versucht einzuschlafen und jederzeit hätte rufen können. MG: Da ich bereits im Sommer ein paar Online-Veranstaltungen durchgeführt habe, bin ich bereits mit diesem Medium etwas vertraut. Für die Teilnehmer wird eine Vier- tel Stunde vor Beginn ein „Technik- check“ angeboten, bei dem ich in der Regel ein paar hinweise gebe, wie Zoom funktioniert, wie man den Chat verwenden kann und wie man das Zeichen für Applaus oder Zu- stimmung anwendet. Oder wie man die Ansicht der Präsentation oder der Teilnehmenden verändern kann. Da ich nur für die technische Sei- te zuständig war, konnte ich mich ohne Stress auf meine Aufgaben konzentrieren. So wird es sinnvol- lerweise vom Host, also gewisser- maßen der technischen Gastgeber, dem Referenten ermöglicht, den Bildschirm zu teilen, so dass alle seine Präsentation sehen können. im Zeichen der coronapandemie sind etliche Veranstaltungsforma te auf online umgeswitcht worden. ist das ein weg, der in Zukunft bei behalten wird? LR: Vor allem für Menschen aus Risikogruppen, über weite entfer- nungen oder im Lockdown, sind Online-Veranstaltungen eine tolle Alternative. Ich selbst und auch an- dere, mit denen ich im Austausch bin (vor allem Dozent/innen und Teilnehmer/innen hier an der VHS), sind positiv davon überrascht, wie gut Online-Angebote funktionieren, wenn man sich erstmal darauf ein- gelassen hat. Meiner einschätzung nach macht es einen riesigen Unter- schied, wenn man sich mit hilfe der Video-Funktion auch tatsächlich se- hen kann. ist dies nicht gegeben, ist der Anonymitätsfaktor zu hoch. Dennoch ersetzt meiner Mei- nung nach nichts den persönlichen Austausch. Vor allem bei so persön- lichen themen wie „Ängste“ kann in einer Gruppe, die sich gemeinsam in einem Raum befindet, eine Dynamik und eine Offenheit entstehen, die digital schwer abgebildet werden kann. MG: Die Verwendung von Video- konferenzanbietern für Veranstal- tungen oder ein Livestream auf Youtube ist für den Bereich der Ka- tholischen erwachsenenbildung in der Diözese Rottenburg-Stuttgart, also für Württemberg, ein Novum. Die Resonanz ist gemischt. Da in der offenen erwachsenenbildung gera- de Abendvorträge eher von älteren Personen wahrgenommen werden, liegt hier natürlich auch eine hür- de vor, da in dieser Altersgruppe die Affinität für digitale Medien weniger verbreitet ist, als in jünge- ren Jahrgängen. Meine persönliche einschätzung ist noch unentschie- den. einerseits sehe ich die großen Vorteile für mich als Veranstalter: ich kann Referenten einladen, ohne mir Gedanken über die Anreise ma- chen zu müssen, was sonst oft ein nicht zu unterschätzendes hinder- nis ist. Dabei werden natürlich auch Kosten für Fahrt und übernachtung gespart. Für die teilnehmer hat es den Vorteil, dass sie von zuhause aus dabei sein können, ohne sich noch abends ins Auto setzen zu müssen. erwachsenenbildung kommt gewis- sermaßen zu ihnen nach hause. ich würde mir wünschen, dass es sich bewährt und auch in Zukunft über corona hinaus ein teil der Angebo- te bleibt. Gleichzeitig ist es für das Konzept der Katholischen erwach- senenbildung doch auch wesentlich, dass persönliche Begegnungen un- mittelbar gefördert werden, so dass solche digitalen Angebote nur eine ergänzung, kein ersatz sein können. was war ihre beobachtung, wie schnell hat sich die übrige Zuhö rerschaft mit dieser form von Ver anstaltung akklimatisiert? LR: ich bin mit Zoom bereits sehr vertraut und hatte tatsächlich keine Probleme. Die Funktion, den Bild- schirm zu teilen, hat beim Refe- renten anfangs nicht funktioniert, aber dann hat alles gut geklappt. Ärgerlich war, dass der Vortrag an- scheinend gehackt wurde und es mehrere Male zu Störungen durch einen unerwünschten teilnehmer kam. Da man von den übrigen Zu- hörern nichts gehört oder gesehen hat, kann ich schwer sagen, wie es diesen ging. Was mir allerdings aufgefallen ist, war, dass alle teilnehmer/innen bis zum ende dabei blieben. es gab also keinen Schwund, der dadurch begründbar gewesen wäre, dass teilnehmer/innen frühzeitig aus- gestiegen sind. MG: Wer es geschafft hat, teilzu- nehmen, der muss ein Mindestmaß an Verständnis für Technik besit- zen. Von denen, die möglicherwei- se außen vor geblieben sind oder bleiben, weiß ich nichts. ich habe allerdings bislang keine Rückmel- dungen bekommen, dass Menschen sich wegen der technischen hürde ausgeschlossen gefühlt haben. hür- den gibt es immer, auch wenn ein Vortrag lokal in Präsenz stattfindet. Online sind es eben einfach andere hürden. ■ Stiftung zeit für menSchen magazin · 18/2020